Szenarien

In Netzero2040 haben wir vier Szenarien entwickelt, welche bis 2040 die Erreichung von Klimaneutralität erlauben. Hier stellen wir die von uns entwickelten Szenarien vor, insbesondere die Szenariennarrative und ausgewählte Ergebnisse aus der Szenarienmodellierung. Die vollständigen quantitativen Szenarien sind im Scenario Explorer zu finden. Hier können Sie die Grafiken und die dazugehörigen Daten, die auf dieser Website gezeigt werden, herunterladen.

Methodik

Im Rahmen des Projekts Netzero2040 haben wir vier Szenarien entwickelt, welche sich an Hand von Importmengen und Nachfrage unterscheiden. Alle Szenarien erreichen bis 2040 Klimaneutralität und folgen dem selben Emissionspfad, modelliert haben wir aber nur die Emissionen im Energiesektor (im Jahr 2021 rund 80% der Gesamtemissionen). Dieser Pfad ist bis 2030 dem Pfad ähnlich, welcher von der Europäischen Union vorgegeben wird:

Reduktion der Treibhausgasemissionen in Österreich laut Treibhausgasbudget

Unsere vier Szenarien unterscheiden sich an Hand der Parameter Energienachfrage (hoch/niedrig) und Importe von Energieträgern (hoch/niedrig). Zuerst haben wir gemeinsam mit unseren Stakeholdern Narrative entwickelt, also Erzählungen darüber, wie diese Szenarien im Detail aussehen werden - siehe dazu die Narrative unten. In Folge haben wir dann einzelne Parameter in den Szenarien von den Stakeholdern in einer Onlineumfrage quantifizieren lassen, und zwar jeweils für das Szenario hohe Nachfrage/Importe und niedrige Nachfrage/Importe:

  • Wieviel werden wir im Jahr 2040 mit dem Auto fahren?

  • Wieviel Wohnfläche wird uns pro Kopf zur Verfügung stehen?

  • Welcher Anteil des Güterverkehrs wird auf der Schiene erfolgen?

  • Wie hoch wird die industrielle Wertschöpfung sein?

  • Wieviele Importe an klimaneutralen synthetischen Treibstoffen und Gasen werden uns im Jahr 2040 zur Verfügung stehen?

  • Wieviel Importe an Strom werden uns im Jahr 2040 zur Verfügung stehen?

Die folgenden Einschätzungen wurden dabei von unseren Stakeholdern abgegeben:

Basisjahr Hoch Niedrig
PKW-Nutzung (km/Kopf/Jahr) 9 400 (2018) 9 000 5 400
Wohnfläche (m2/Kopf) 46 (2021) 56 41
Anteil Güterverkehr Schiene(%) 20 (2021) 20 46.5
Industrielle Wertschöpfung (% von 2021) 100 (2021) 128 97
Importe von Strom (% des Gesamtstromverbrauchs) 5 (2019) 20 0
Importe von Energieträgern (% des Gesamtenergieverbrauchs) 64 (2018) 52 24

Vorstellung der Szenarien

  • Szenario A: Suffizienz und maximaler Ausbau von Erneuerbaren. Poster|Narrativ

  • Szenario B: Hoher Ressourcenverbrauch und internationale Energieabkommen. Poster|Narrativ

  • Szenario C: Energieintensive Lebensstile und relative Energieunabhängigkeit. Poster|Narrativ

  • Scenario D: Eingeschränkter Ausbau von Erneuerbaren und Energieimporte. Poster|Narrativ

Alle Szenarienergebnisse im als Excel im Pyam Format zum Download: TIMES | MEDEA

Kernergebnisse

Beschleunigter Ausbau der Windkraft bis 2030 notwendig

Die Ergebnisse zeigen, dass für das Ziel der Klimaneutralität in allen Szenarien der Ausbau der Stromerzeugung bis 2030, vor allem durch Windkraft, sehr schnell erfolgen muss - nämlich um 60 % schneller als im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vorgesehen. Und auch doppelt so schnell wie der rasante Wasserkraftausbau in Österreich im vergangenen Jahrhundert. Je nach Energiequelle sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. „Zu viel Sonnenenergie kommt – im Vergleich zu Windkraft – unnötig teuer“, erklärt Daniel Huppmann vom IIASA, „denn Sonnenenergie hat dasselbe Problem wie Laufwasserkraft: Sie erzeugt Strom mehrheitlich im Sommer. Wind hingegen bläst das ganze Jahr über – und auch in der Nacht.“. Schreibt man die aktuelle Entwicklung fort, kann Österreich den in den Szenarien ermittelten notwendigen Ausbau von Sonnenenergie erreichen. Der Ausbau der Windkraft bleibt jedoch weit hinter der erforderlichen Geschwindigkeit zurück. Und weiter: "Auf der Klimakonferenz COP28 in Dubai hat sich die internationale Staatengemeinschaft unter anderem das Ziel gesetzt, die Kapazität an erneuerbarer Energie bis 2030 zu verdreifachen. Österreich bleibt derzeit hinter seinen Möglichkeiten zurück, zum globalen Klimaschutz beizutragen.“

Elektrifizierung und Nachfrageseitige Einsparpotenziale

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien ist es laut Martin Baumann von der Österreichischen Energieagentur auch erforderlich, den Austausch fossil betriebener Fahrzeuge und Heizungen so zügig wie möglich durchzuführen. Sprich: Elektroauto statt Verbrennermotor, Wärmepumpe statt Gastherme. Das würde den Energieverbrauch drastisch senken. Ein weiteres Mittel ist die Gebäudesanierung. Aber auch Verhaltensänderungen sind wichtig: „Weniger Auto fahren, kleinere Wohnflächen und ein Rückgang der industriellen Produktion in dem Ausmaß, wie es unsere Stakeholder als machbar eingeschätzt haben, könnten den Energieverbrauch um bis zu 20 % senken,” so der Energiesystemanalyst. Die Szenarien, in denen solche Maßnahmen umgesetzt werden, zeigen, dass in der Folge weniger Energie aus dem Ausland importiert sowie weniger Biomasse und Windenergie in Österreich erzeugt werden müssen. 

Rückbau fossiler Infrastruktur

Synthetische Treibstoffe und Gase wie E-Fuels und Wasserstoff werden aus Strom hergestellt und hauptsächlich aus dem Ausland importiert. Sie sind teuer und ihre Produktion ist sehr energieaufwendig. Daher finden sie hauptsächlich dort Anwendung, wo es (noch) keine Alternativen gibt: in der Luft- und Schifffahrt, in der Industrie und zu kleinen Teilen wiederum in der Stromerzeugung zur Deckung von Zeiten mit wenig verfügbarer Windkraft und Sonnenenergie. Für den Gebrauch in Haushalten lohnen sich diese Energieträger nicht. Dennoch werden sie ab 2040 in Gasheizungen zum Einsatz kommen, weil die aktuelle Bundesvorlage des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes (EWG) nur bei Neubauten ein Verbot von Gasheizungen vorsieht, der Einbau in bestehenden Gebäuden jedoch weiter möglich ist. 

Klimaneutralität bis 2040 herausfordernd

Neben dem zügigen Ausbau erneuerbarer Energien als zentralem Erfolgsfaktor zur Erreichung der Klimaneutralität ist es auch von großer Bedeutung, die Errichtung neuer fossiler Infrastruktur zu verhindern. Jeder weitere Ausbau, etwa von Gasheizungen und Gasleitungen, führt dazu, dass diese bis 2040 letztlich erneut ausgetauscht oder mit äußerst kostspieligen synthetischen Treibstoffen und Gasen betrieben werden müssen. Das ist nicht nur zeitaufwendig, sondern verursacht auch unnötige Kosten.

„In Summe zeigt unsere Studie ermutigende Ergebnisse: Die Erreichung des Klimaneutralitätsziels ist durchaus realistisch“, so Projektmitarbeiterin Hermine Mitter. „Allerdings verdeutlichen die Daten auch, dass zur Verwirklichung dieses Ziels umgehend sehr tiefgreifende Veränderungen auf struktureller, technologischer, institutioneller, gesellschaftlicher und individueller Ebene erforderlich sind.“ Während manche Trends in die richtige Richtung zeigten, sei die derzeitige Geschwindigkeit völlig unzureichend.

Gesellschaftliche Akzeptanz und Politik entscheidend

„Unsere Szenarien verdeutlichen, dass es einer breiten Unterstützung seitens der Politik und der Bevölkerung bedarf, um Klimaneutralität generell und insbesondere bis 2040 zu erreichen. Für diese enorme Transformationsaufgabe sind drei Aspekte zentral: die gesellschaftliche Akzeptanz für den Ausbau von Energieinfrastruktur, die ‚klimafreundliche‘ Ausrichtung von Lebensstilen und die sofortige Umsetzung ambitionierter politischer Klimaschutzmaßnahmen“, erläutert Projektmitarbeiter Michael Klingler. Die Gewichtung dieser Aspekte variiert in den vier Szenarien, doch in jedem Fall zeige sich die Notwendigkeit eines öffentlichen Bewusstseins, das die Dringlichkeit von Klimaschutz und Energiewende anerkennt. Es liege in der Verantwortung der Politik, zeitnah zu handeln, um bedeutende Investitionen in Gebäudesanierung, Heizkesseltausch und den Ausbau der Energieinfrastruktur zu ermöglichen. Ein vielfältiger Maßnahmenmix aus gesetzlichen Regulierungen, anreizorientierten Instrumenten wie einem CO2-Preis sowie sektoren- und bundesländerübergreifender Zusammenarbeit sei dabei von entscheidender Bedeutung. Um die gesellschaftliche Akzeptanz für diesen tiefgreifenden Wandel auszubauen, sei es auch notwendig, die Energiewende sozial gerecht zu gestalten und der Bevölkerung Möglichkeiten zu bieten, sich an zentralen Projekten der Energiewende zu beteiligen, so Klingler.